Ein Artikel von Sandra Baethge & Eleonora Paul


Der Kampf um den Kunden

Im Zeitalter des Onlinehandels ist es für den stationären Händler wichtiger denn je zu wissen, wie er Kunden für sich gewinnt und an sich bindet.

Um herauszufinden, was den Kunden zufrieden macht, wird meist die Zufriedenheit der Kunden insgesamt sowie mit einzelnen Kaufentscheidungsaspekten wie der Angebotsvielfalt, der Sortimentstiefe, der Ladengestaltung, dem Preis-Leistungsverhältnis etc. ermittelt. Üblicherweise werden diese Angaben deskriptiv ausgewertet.

Grenzen der klassischen Analyse – Fakten ohne Zusammenhänge

Diese Analyse hat jedoch Grenzen, denn sie liefert nur Fakten: Wie zufrieden ist mein Kunde aktuell? Wie verändert sich seine Zufriedenheit im Zeitverlauf?

In der Regel wird dann empfohlen, die Faktoren mit der schlechtesten Bewertung zu allererst zu optimieren. Das führt aber nicht immer zu einer Verbesserung der Gesamtzufriedenheit, denn es gibt weitere Fragen, die es unbedingt zu berücksichtigen gilt:

Was konkret muss ich optimieren, um die Zufriedenheit meiner Kunden am wahrscheinlichsten signifikant zu steigern?

Eine äußerst wichtige Frage gerade im Hinblick auf die begrenzten Budgets der Händler. Hat ein Aspekt keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit, kann sich eine Investition in die Optimierung als Fehlentscheidung erweisen.

Sind alle Aspekte gleich wichtig für meine Kunden?

Die abgefragten Einzelzufriedenheiten können die Gesamtzufriedenheit unterschiedlich stark beeinflussen. So kann z. B. die Frische von Obst und Gemüse einen höheren Stellenwert haben als jene von Fleisch.

Wie beeinflussen sich die Aspekte gegenseitig?

In einer deskriptiven Analyse werden die verschiedenen Aspekte entgegen der Realität isoliert betrachtet. Tatsächlich kann aber z. B. die Zufriedenheit mit der Frische der Waren die Zufriedenheit mit dem Preis beeinflussen.

Beleuchtung der Zusammenhänge leicht gemacht – Treiberanalyse im Handel

Zur Beantwortung dieser Fragen nutzt die IWD market research GmbH die PLS-Strukturgleichungsmodellierung, bekannt als Treiberanalyse. Die Treiber, also Einflussfaktoren der Gesamtzufriedenheit, werden in einem Zusammenhang auf ihre signifikante Bedeutung überprüft.

In den letzten Jahren fand diese Methodik immer mehr Verbreitung in der Wissenschaft, wurde in der Praxis allerdings meist als zu aufwendig erachtet. Dabei liefert sie als Management-Tool mehr Insights und klarere Handlungsempfehlungen für die Entscheider.

Ein Beispiel aus der Praxis

Im Rahmen einer Studie wurden Kunden eines Einzelhändlers direkt am Point of Sale befragt. Hierbei galt es, neben der Gesamtzufriedenheit auch einzelne Zufriedenheiten mit z. B. den Preisen, der Warenverfügbarkeit, der Sortimentstiefe, der Frische verschiedener Warengruppen (Brot- & Backwaren, Obst & Gemüse, Fleisch) sowie dem Einkaufsumfeld (Bewertung der Mitarbeiterfreundlichkeit, der Wartezeiten an der Kasse, der Sauberkeit) zu bewerten.

Mittels einer Treiberanalyse mit SmartPLS ließen sich Faktoren mit einem signifikanten Einfluss und deren Einflussstärke identifizieren. Zusätzlich konnte beantwortet werden, wie diese Treiber durch einzelne Warengruppen sowie das Einkaufsumfeld geprägt werden.

Auszug Modellaufbau SmartPLS

Konkrete Handlungsempfehlungen

Eine Darstellung in einer Importance-Performance-Matrix macht schnell deutlich, wo der Händler ansetzen sollte. In dieser Matrix wird die durchschnittliche Gesamtbewertung im Zufriedenheitsmodell (Performance) auf einer Punkteskala von 0 bis 100 einheitlich skaliert und dem Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit (Importance) gegenübergestellt. Die Importance wird auf einer Skala von 0 bis zum höchsten errechneten Einflusswert visualisiert.

Die Analyse der Treiber ergab, dass der Händler zuerst die Frische der Warengruppen, gefolgt von der Bewertung der Preise unter die Lupe nehmen sollte. Bei der Zufriedenheit mit dem Einkaufsumfeld muss wegen des höchsten Einflusses darauf geachtet werden, dass die Performance nicht unter den Mittelwert sinkt.

Eine detaillierte Betrachtung zeigt weiterhin, dass der dringendste Handlungsbedarf bei der Frische von Fleisch sowie Obst & Gemüse zu finden ist, gefolgt von der Preiswahrnehmung bei Fleisch und den Wartezeiten an den Kassen. Die Bewertung der Sauberkeit sollte nicht auf einen unterdurchschnittlichen Wert sinken.

Schauen Sie sich die genauen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen im Dashboard „Treiber der Kundenzufriedenheit im LEH“ an. Wählen Sie „Gesamtperformance“, um im ersten Schritt zu sehen wie die Aspekte Frische, Preis, Sortimentstiefe, Verfügbarkeit und Einkaufsumfeld abschneiden und die Kundenzufriedenheit beeinflussen. Bewegen Sie den Cursor auf die für Sie interessanten Aspekte im Diagramm, um die genauen Werte zu sehen. Wählen Sie im nächsten Schritt z. B. „Frische detailliert“ und sehen Sie den exakten Wert für die Performance und Importance in den Warengruppen.

Greifbare Analysen für eine nachhaltigere Optimierung am POS

Wird die Scheu vor der Treiberanalyse abgelegt, können mit wenig Aufwand mehr Informationen aus den Erhebungsdaten sowie konkrete Handlungsanweisungen gewonnen werden. Diese können über Trackings über die Zeitreihe überprüft und nachjustiert werden.

Die Treiberanalyse kann auch für offene Statements in Kombination mit einer Gesamtzufriedenheitsmessung durchgeführt werden. Aus einer kürzeren Befragung werden so mehr Insights gewonnen.

Mit der Anwendung der PLS-Strukturgleichungsmodellierung ist der Weg frei für greifbare Analysen von Zusammenhängen und prädiktive Handlungsempfehlungen zur präzisen Steuerung werthaltiger Optimierungen im Handel.

Zuerst veröffentlicht: planung&analyse, Online Special FMCG & Handel

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